Der Tempel der Hatschepsut in Deir el‑Bahari
ist eine architektonische Antwort auf die Felswand selbst: drei gestaffelte Terrassen, die sich wie Bühnen in die Kalksteinkulisse legen, verbunden durch breite Rampen, die Blick und Schritte in einer klaren Achse führen. Wer vom Vorhof die erste Rampe betritt, spürt, wie der Ort den Takt vorgibt: offene Portiken statt wuchtiger Pylone, Pfeilerhallen, die Licht schlucken und wieder freigeben, Reliefwände, die – selbst in fragmentarischem Zustand – Geschichten tragen. Hatschepsut hat hier nicht nur ein Grabkultzentrum errichten lassen, sondern ihr politisches Programm in Stein gefasst: göttliche Legitimation, Friedensdividende durch Handel, Kultpflege als Staatsraison. Die südliche Kolonnade der mittleren Terrasse ist das lebendigste Kapitel dieser Erzählung – die Punt‑Reliefs zeigen Schiffe am Roten Meer, die Herrscher des fernen Landes, bienenkorbartige Stelzenhäuser, myrrhetragende Bäume in Töpfen und Listen der kostbaren Güter, die Ägypten erreichten; man sieht Hände beim Tragen, Segel im Wind, sogar die eigenwillige Physiognomie der Punt‑Königin, all das in Szenen, die erstaunlichen Detailreichtum bewahrt haben. Gegenüber liegt die Geburtshalle, in der Hatschepsuts göttliche Zeugung durch Amun, Geburt und Krönung als zyklisches Ritual ausgebreitet werden; vieles ist beschädigt, Namen und Gesichtszüge wurden später ausgemeißelt, doch die Komposition bleibt lesbar und macht verständlich, warum Darstellung hier nicht Schmuck, sondern Staatsakt war.
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Seitlich schließen sich Kapellen, die den Tempel theologisch erden.
Die Hathor‑Kapelle, mit ihren charakteristischen Säulen und Kapitellen in Form des Göttinnenkopfes mit Kuhohren, führt vom hellen Vorhof in bemalte Innenräume, in denen Hathor als Kuh die Königin säugt oder ihr zärtlich die Hand leckt – Bilder, die Mutterschaft, Legitimität und den Schutz der „Dame des Westens“ vereinen; das Sanktuar liegt tief im Fels und bewahrt Farben, die in gedämpftem Licht noch immer atmen. Auf der anderen Seite rahmt die Anubis‑Kapelle die Achse mit kräftigen Pigmenten, Sternendecke und friesartigen Uräen; hier verdichtet sich der Totenkult zur stillen Intensität, und wer einen Moment verweilt, hört in der Ruhe fast die Liturgien einer vergangenen Ordnung. Auf der obersten Terrasse wird das Programm monumental: osiridische Statuen der Herrscherin an den Kolonnaden, Kulträume für Amun und Ra‑Hor‑Achte, Nischen, in denen einst Statuen standen, und die lange Blickachse zurück Richtung Nil – an klaren Tagen reicht der Blick über den Westhang bis hinüber nach Karnak, als würde der Tempel seine in Reliefs geschilderten Obeliskenarbeiten direkt mit dem Ostufer verknüpfen.
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Das Umfeld erzählt mit
Gleich nebenan liegt Mentuhoteps Terrassentempel aus dem Mittleren Reich, der die Idee dieses Landschaftstempels vorweggenommen hat; gemeinsam bilden beide Bauten ein Lehrbuch ägyptischer Sakralarchitektur über Jahrhunderte hinweg. Der Talkessel öffnet sich weit nach Osten und fängt dennoch Wind und Hitze wie eine Schale – am Morgen sind Schatten lang und der Stein kühl, zur Mittagszeit setzt das Licht die Geometrie scharf, aber fordert Kondition. Der Ort trägt auch Spuren späterer Epochen: eine koptische Klause, die dem Gelände seinen Namen gab, Spolien und Ergänzungen aus Restaurierungsphasen, die zeigen, wie Archäologie Vergangenes lesbar macht, ohne das Fehlen zu verbergen. Dass Hatschepsuts Nachfolger Teile ihres Andenkens tilgten, gehört zur Aura dieses Tempels: Man sieht die leeren Kartuschenfelder, die ausgemeißelten Gesichter, man lernt, Lücken als Teil des Textes zu lesen – und begreift, dass Tilgung selbst eine Form von Aussage ist.
Für den Besuch lohnt es, den Tempel
wie eine Choreografie aus Licht, Linien und Ebenen zu erleben. Früh ankommen, wenn der erste Wind durch die Portiken geht und das Reliefwerk noch ohne Gedränge studierbar ist; von unten nach oben lesen, die Punt‑Halle mit Muße betrachten, in der Geburtshalle die Abfolge der Szenen suchen, in der Hathor‑Kapelle die Kapitelle und die bemalten inneren Kammern auf sich wirken lassen, in der Anubis‑Kapelle Farben und Sternenhimmel aufnehmen und ganz oben die Achse zurück ins Niltal verfolgen. Ein Polfilter hilft, Reflexe auf hellem Stein zu bändigen, ein leichtes Tele holt Reliefs heran, ohne die Ruhe zu stören; rutschfeste Schuhe, Wasser, Kopfbedeckung und Sonnenschutz sind Pflicht, die Hitze ist real, auch in den „kühleren“ Monaten. Drohnen sind tabu, Berührungen der Reliefs ebenso, und Stative sind meist eingeschränkt – wer mit wenig Ausrüstung arbeitet, arbeitet hier am besten. Inhaltlich rundet eine Verbindung mit Mentuhoteps Anlage und einem Abstecher nach Medinet Habu den Westufer‑Bogen, bevor die Obelisken‑Szenen in Karnak am Ostufer ihren Widerhall finden; so wird aus einem Tempelbesuch die Lektüre eines ganzen rituellen Raums.
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Ronny M.
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Artikel Update 25.09.2025
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